Call for Papers

CfP: Femina politica - Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft

/ 15. März 2018

Her mit der Zukunft?! feministische und queere Utopien und die Suche nach alternativen Gesellschaftsformen (Arbeitstitel)

Call for Papers Heft 1/2019 

„Wir sind nur eine mögliche Zukunft. Verstehst du? […] Wahrscheinlichkeiten prallen aufeinander, und immer gibt es mehr als eine Möglichkeit.“ 

(Marge Piercy 1996 [1976]: 215)

Während sich in den letzten zwei Jahrzehnten ein gewisser Utopieverdruss und eine Absage an die Möglichkeit einer ‚alternativen’ Zukunft nicht zuletzt auch in feministischen, frauen*bewegten und queeren Zusammenhängen eingestellt hat, kann aktuell ein Wiederaufleben von utopischen Sehnsüchten beobachtet werden: Jenseits der breiten Öffentlichkeit und trotz eines immer wieder proklamierten „there is no alternative“ formieren sich wieder verstärkt gesellschaftliche Gruppen, welche für solidarische(re) und nachhaltige(re) Wirtschaftsformen und alternativen Formen des Zusammenlebens, der politischen Entscheidung und Partizipation jenseits herkömmlicher wachstums- und effizienzorientierten Ökonomien und repräsentativer Demokratien eintreten. Weltweit protestieren Aktivist*innen in unterschiedlicher Form gegen neoliberale Wirtschaftspolitiken, gegen Armut, Ungleichheit und die Nachwirkungen kolonialer Politiken und stoßen dabei sowohl bewegungsinterne als auch breitere gesellschaftliche Diskussionen über alternative Vorstellungen vom ‚guten Leben’ an. Vor diesem Hintergrund lassen sich auch die in Süd- und Mittelamerika bereits etablierten alternativen Vorstellungen eines ‚guten Lebens’ wie buen vivir oder vida tranquila ebenso wie das gemeinschaftsbasierte südafrikanische Konzept ubuntu als Visionen einer anderen Zukunft lesen. Während diese Konzepte teils zum Sehnsuchtsort ,unseres‘ Denkens werden, sind diese in Süd- und Mittelamerika längst zur Realität geworden, in politische Diskurse eingeflossen und werden an aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen überprüft. Aber auch im Globalen Norden erleben gemeinschaftsorientierte Projekte in Form von Ökodörfern, solidarischen Ökonomien und Gemeinschaften oder do-it-yourself-communities einen Aufschwung. Ebenso wird in politischen und akademischen Diskussionen versucht, alternative Zukünfte wieder ‚denkbar’ zu machen.

Wie sind diese aktuellen Entwicklungen und neuen Utopiemodelle aus geschlechtertheoretischer Sicht zu bewerten? Während in den 1970er-Jahren die Imagination einer alternativen Zukunft jenseits geschlechtsbasierter Diskriminierung und Gewalt, heteronormativer Familien- und Beziehungsmodelle und festgelegter vergeschlechtlichter Identitäten, Arbeitsteilung und kapitalistischer Produktionsformen ein zentraler Gegenstand feministischer Debatten war, schien spätestens mit der Dominanz eines neoliberalen Kapitalismus und der anhaltenden Geschlechterungleichheit der Utopieverdruss Überhand zu gewinnen und die Präsenz der Selbstoptimierung und die Herausforderung des Gegenwärtigen durch eine teils zunehmende Prekarisierung vielerorts das Träumen von einer anderen Realität zu untergraben. Hat sich angesichts der vermeintlichen Alternativlosigkeit kapitalistischer Produktionslogiken und den sich immer wieder neu instituierenden Formen von Heteronormativität und Geschlechterungleichheit also eine Art feministischer Utopieverdruss eingeschlichen? Oder umgekehrt, ist diese Absage an Utopie auch eine notwendige Konsequenz bestehender exkludierender utopischer Gesellschaftsentwürfe, welche queere und feministische Perspektiven nicht ausreichend berücksichtigen? Ist es vor dem Hintergrund der zu Recht geäußerten Kritiken an rassistischen, heteronormativen, klassistischen und able-istischen Annahmen in feministischen und queeren Utopien an sich problematisch, eine präskriptive Vorstellung von einer „guten’ oder „idealen Gesellschaft’ imaginieren zu wollen? Angesichts dieser Spannungsverhältnisse und den widersprüchlichen Implikationen des Utopiekonzepts ist es daher vielleicht kein Zufall, dass wir es aktuell eher mit mikropolitischen (Utopie-)Praxen und everday utopias zu tun haben und großen utopischen Narrationen von einer ‚besseren Zukunft’ eine Absage erteilt wurde.

Details zum Call finden sich auf der Website von Femina Politica.

Abstracts und Kontakt

Der Schwerpunkt wird inhaltlich von Antje Daniel und Christine Klapeer betreut. Wir bitten um ein- bis zweiseitige Abstracts bis zum 30. April 2018 an christine.klapeer@uni-goettingen.de und antje.daniel@uni-bayreuth.de oder an die Redaktionsadresse redaktion@femina-politica.de. Die Femina Politica versteht sich als feministische Fachzeitschrift und fördert wissenschaftliche Arbeiten von Frauen* in und außerhalb der Hochschule. Deshalb werden inhaltlich qualifizierte Abstracts von Frauen* bevorzugt.

Abgabetermin der Beiträge

Die Schwerpunktverantwortlichen laden auf der Basis der eingereichten Abstracts bis zum 22. Mai 2018 zur Einreichung von Beiträgen ein. Der Abgabetermin für die fertigen, anonymisierten Beiträge im Umfang von 35.000 bis max. 40.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen, Fußnoten und Literatur) ist der 15. September 2018. Die Angaben zu den Autor_innen dürfen ausschließlich auf dem Titelblatt erfolgen. Alle Manuskripte unterliegen einem Double Blind Peer Review-Verfahren. Pro Beitrag gibt es ein externes Gutachten (Double Blind) und ein internes Gutachten durch ein Redaktionsmitglied. Ggf. kann ein drittes Gutachten eingeholt werden. Die Rückmeldung der Gutachten erfolgt bis spätestens 15. November 2018. Die endgültige Entscheidung über die Veröffentlichung des Beitrags wird durch die Redaktion auf Basis der Gutachten getroffen.

Offene Rubrik Forum

Neben dem Schwerpunktthema bietet die Rubrik Forum die Gelegenheit zur Publikation von Originalmanuskripten aus dem Bereich geschlechtersensibler Politikwissenschaft (Beiträge im Umfang von 20.00 bis max. 25.000 Zeichen), die zentrale Forschungsergebnisse zugänglich machen oder wissenschaftliche Kontroversen anstoßen. Vorschläge in Form von ein- bis zweiseitigen Abstracts erbitten wir an die Redaktionsadresse redaktion@femina-politica.de. Die endgültige Entscheidung wird auf der Basis des Gesamttextes getroffen.