MomentumQuarterly

/ 2. April 2021

Momentum Quarterly ist eine vierteljährlich erscheinende, begutachtete („peer review“) Zeitschrift, die sich Fragen des sozialen Fortschritts auf interdisziplinärer Basis widmet. Untenstehend finden Sie die aktuelle Ausgabe von Momentum Quarterly. Alle hier vorgestellten Artikel werden Open-Access, d.h. frei zugänglich im Internet, veröffentlicht. Weitere Informationen finden Sie unter www.momentum-quarterly.org. Wir freuen uns stets über neu eingereichte Beiträge (siehe dazu die Richtlinien für Beitragseinreichung) und über Kommentare zu bestehenden Beiträgen. Sie erreichen uns unter editors@momentum-quarterly.org.

Dualisierung und Solidarität in Europas Arbeitswelt: Eine Hierarchische Perspektive

Jürgen Figerl, Dennis Tamesberger, Simon Theurl

Abstract:

Dieser Beitrag skizziert ein konkretes staatlich gefördertes Arbeitszeitverkürzungs-Modell, das in der Lage ist Arbeitslosigkeit zu senken. Die Vollarbeitszeit kann hier um bis zu 20 Prozent reduziert werden. Wenn vier Beschäftigte im Betrieb reduzieren, muss eine zuvor arbeitslose Person eingestellt werden. Das Unternehmen zahlt die gesamten Lohnkosten für die geleistete Arbeitszeit. Im Gegensatz zum Solidaritätsprämienmodell ist bei diesem Vorschlag die Arbeitszeitverkürzungsbeihilfe (Bruttoersatzraten von 100/95/90 Prozent) wesentlich höher, was wichtig ist, damit sich die Arbeitnehmer*innen mit geringem Einkommen eine Arbeitszeitverkürzung leisten können. Die Nettokosten für die Arbeitszeitverkürzungs-Förderung für 200.000 Beschäftigte und für die Integration von 50.000 Arbeitslosen würden je nach Höhe der Einkommen der geförderten Beschäftigten zwischen Nettomehreinnahmen von 151 Mio. Euro bis zu Nettomehrausgaben für den Staat von rund 1 Mrd. Euro liegen. Dieses Modell kann ein Teil eines vollbeschäftigungsorientierten Policy-Mix sein, der die betriebliche Experimentierfreudigkeit fördert und Wirkungen entfaltet, die gesamtgesellschaftlich bedeutend sind.

Schlagworte: Arbeitszeit, Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Corona, Solidaritätsprämienmodell, Aktiv-Passiv-Tausch

Voting for Diversity? Politische Einstellungen und formale politische Partizipation von schwulen und lesbischen Bürger_innen in Deutschland

Michael Hunklinger

Abstract:

Der Artikel beschäftigt sich mit politischen Einstellungen (Gabriel 2009) sowie formeller politischer Partizipation (Ekman/ Amna 2012) auf individueller Ebene (Wahlen) und auf kollektiver Ebene (Mitgliedschaft in politischen Parteien, NGOs und Gewerkschaften) von schwulen und lesbischen Bürger_innen in Deutschland. Die Mehrheit der schwulen und lesbischen Wähler_innen, die an der Umfrage teilgenommen haben, unterstützten dabei eine progressive Agenda und wählen progressive bzw. linke Parteien. Die wichtigsten Themen für ihre Wahlentscheidung waren dabei neben Diskriminierung und Homophobie, Migration und Umwelt. In Bezug auf formelle politische Partizipation auf kollektiver Ebene sind schwule Männer stärker in politischen Parteien engagiert als lesbische Frauen, die hingegen mehr in NGOs aktiv sind.

Schlagworte: LGBTIQ*; schwul; lesbisch; Wahlen; Deutschland; Bundestagswahl 2017

Vergangene Versprechen der Ersten Republik: Der Zusammenhang sozialer und gleicher Rechte von Minderheiten am Beispiel Kärnten/ Koroška

Maria Clar

Abstract:

Nach dem Ersten Weltkrieg zerfielen in Europa Staaten und es stellten sich Fragen der Grenzziehung – so auch in Kärnten/Koroška. Im Oktober 1920 wurde im mehrheitlich slowenischsprachigen Teil über die staatliche Zugehörigkeit abgestimmt. Ausschlaggebend für den Ausgang waren das politische System der Ersten Republik und die damit verbundenen Versprechen sozialer und gleicher Rechte sowie wirtschaftliche Faktoren. Hundert Jahre später zeigt sich, dass nicht alle Versprechen gehalten wurden, und es regt zu Überlegungen an, wie Rechte von Minderheiten in Demokratien eingebunden werden können. Im vorliegenden Beitrag wird, mit Fokus auf die Protokolle der provisorischen Kärntner Landesversammlung und des Kärntner Landesrates, beleuchtet, wie Mitbestimmung, soziale Rechte sowie das Verhältnis von Minderheit(en) und Mehrheit(en) Eingang in eine folgenreiche politische Entscheidung gefunden haben. Dabei wird sichtbar, wie soziale Fragen mit Möglichkeiten des Spracherhalts zusammenhängen. Daran anschließend kann die Abhängigkeit von Minderheitenrechten von der Umsetzungsbereitschaft hegemonialer Gruppen diskutiert werden.

Schlagworte:  Sozialpolitik, Gleichberechtigung, Minderheiten, Mitbestimmung, Kärnten

Die Politische Ökonomie des Strukturwandels: Konzeptualisierung einer „Just transition“ im Rheinischen Braunkohlerevier

Lisa Kolde, Oliver Wagner

Abstract:

Unser Papier entwickelt Maßnahmen für eine „Just transition“-Governance als Grundlage einer Politischen Ökonomie im Strukturwandel. Für eine Fallstudie im Rheinischen Braunkohlerevier wurden sechs Experteninterviews mit Bürgerinitiativen, Gewerkschaften und Vertreter*innen des Landes Nordrhein-Westfalen durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen den Bedarf an politischen Maßnahmen in verschiedenen Bereichen auf: Während für die Traditionsfirmen der Braunkohleindustrie und deren Beschäftigten eine Vielzahl von Förderpolitiken entwickelt wurde und wird, erhalten Beschäftigte von Subunternehmen kaum Unterstützung im Strukturwandel. Letztere sind daher einem hohen Risiko ausgesetzt, durch den Ausstieg aus der Kohleförderung ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Die Interviews zeigten auch, dass im Rheinischen Braunkohlerevier aufgrund des geltenden Bergbaugesetzes Flächen zu einer knappen Ressource werden könnten. Der Akteurszentrierte Institutionalismus wird genutzt, um Maßnahmen abzuleiten, die den Bedürfnissen der verschiedenen Interessengruppen entsprechen. Abschließend werden Bezüge sowohl zum Transition Management als auch zur Politischen Ökonomie hergestellt.

Schlagworte: Strukturwandel, Kohleausstieg, Just transition, Politische Ökonomie, Transition Management