Momentum Quarterly ist eine vierteljährlich erscheinende, begutachtete („peer review“) Zeitschrift, die sich Fragen des sozialen Fortschritts auf interdisziplinärer Basis widmet. Untenstehend finden Sie die aktuelle Ausgabe von Momentum Quarterly. Alle hier vorgestellten Artikel werden Open-Access, d.h. frei zugänglich im Internet, veröffentlicht. Weitere Informationen finden Sie unter www.momentum-quarterly.org. Wir freuen uns stets über neu eingereichte Beiträge (siehe dazu die Richtlinien für Beitragseinreichung) und über Kommentare zu bestehenden Beiträgen. Sie erreichen uns unter editors@momentum-quarterly.org.
Digital verbunden Formen politischer Partizipation von Jugendlichen in Niederösterreich
Edma Ajanović, Katharina Fritsch, Florian Zahorka
Abstract:
Dieser Artikel analysiert vor dem Hintergrund post-fordistischer Transformationen und der wenigen Studien zu Österreich das Verhältnis digitaler Formen politischer Beteiligung und traditioneller Formen politischer und medialer Repräsentationen von Jugendlichen. Unsere Fragestellung untersuchen wir aus frameanalytischer Perspektive und greifen auf Daten zurück, die wir im Zuge einer Medienanalyse und partizipativen Ethnografie rund um die Gemeinderatswahl 2020 in Niederösterreich erhoben haben. Wir erörtern (Selbst-)Repräsentationen und Formen der Partizipation von Jugendlichen entlang von drei Dimensionen: Jugend und Lokalpolitik, Jugend und Klima und Jugend als digitale Akteur*innen. Dabei zeigen wir, dass politische Praktiken von Jugendlichen vornehmlich von latenten Formen der Beteiligung – offline und online – geprägt sind und streichen die Rolle von Memes als digitale Praktik hervor. Unser Artikel leistet einen Beitrag zur Frage, wie Öffentlichkeit im Zeitalter digitaler Plattformen entsteht und wie junge Menschen dazu beitragen. Dabei verweisen unsere Ergebnisse vor allem auf die viel besprochene Tendenz einer Individualisierung politischer Beteiligung im Kontext von Digitalisierung.
Schlagworte: politische Partizipation, Jugendliche, politische Repräsentation, Digitalisierung, Medien
„E-Public Sociology“ als kritische soziologische Intervention?
Manuel Nicklich, Stefan Sauer
Abstract:
Die Soziologie spielt im Vergleich zur Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft und neuerdings auch Virologie im öffentlichen Diskurs eine vergleichsweise untergeordnete Rolle. Letztlich lassen sich dabei zwei Paradoxien entfalten: Die Soziologie (a) spielt in gesellschaftlichen Diskursen häufig keine Rolle, obwohl sie hierzu prädestiniert sein müsste, und (b) wenn doch, wird ihr Blick besondert. Im Zusammenhang mit der Debatte zur öffentlichen Soziologie bildet sich mittels digitaler Möglichkeiten die „E-Public Sociology“ heraus, die eine beinahe voraussetzungslose Kommunikation mit der interessierten Öffentlichkeit annimmt. Im vorliegenden Text entwickeln wir ein Vier-Felder-Schema zur Analyse soziologischen Wirkens in der Öffentlichkeit und ein darauf fußendes Kommunikationskonzept als Teil der „E-Public Sociology“. Exemplarisch für die sich durch Digitalisierung neu ergebenden Kommunikationsmöglichkeiten fokussieren wir Podcasts als spezifische Form soziologischer Tätigkeit zwischen ‚öffentlicher Soziologie‘ und ‚Soziologie in der Öffentlichkeit‘. Dabei zeigt sich, dass zur Intervention Systematischeres als die bloße Steigerung der Präsenz der Soziologie gefordert ist.
Schlagworte: Kritische Theorie, öffentliche Soziologie, Podcasts, Zeitdiagnose
Migrationsgesellschaft: kritische Vistas von Migration, Kapitalismus und Ankommen
Radostin Kaloianov
Abstract:
Ausgehend von dem Konzept der ‚Migrationsgesellschaft‘ und dem daran ansetzenden Versuch, den Migrationsbegriff jenseits geläufiger Engführungen als Wanderung kritisch zu hinterfragen, wird im Folgenden ein umfassender Pers- pektivenwechsel vorgeführt. Dieser Umbruch geht mit der Kritik an der Idealisierung von Migration als Wanderung und der Verlegung des Fokus von Wanderung auf das Ankommen von MigrantInnen einher. Der Perspektivenwech- sel macht am Migrationsthema nicht Halt und setzt sich auch in der Analyse von migrantischem Ankommen fort. Den wanderungszentrierten Szenarien von Niederlassen wie jenes der Integration und des Diversitätsmanagements werden neue Perspektiven auf migrantisches Ankommen entgegengestellt. Setzen diese kritischen Bildgebungen den Fokus aufs Ankommen selbst, zeigen sie, dass das Ankommen von MigrantInnen bei vielfachen Ungleich- und Schlechterstellungen und von unten ansetzt, zahlreiche Ambivalenzen, Widersprüche, Polarisationen aufweist und zugleich ein Niederlassen im Sinne vom nieder Fußfassen lassen ist. Was Migrationsgesellschaft ist und was in der Migrationsgesellschaft los ist, bringt die Formel auf den Punkt: ‚Aufs Ankommen kommt es an!‘
Schlagworte: Migrationsgesellschaft, Migration, Kritik, Kapitalismus, Ankommen
Die Covid-19-Pandemie und Wirtschaftskrisen: die Mehrfachbelastungen von Frauen in Privathaushalten
In diesem Beitrag setzen wir die unbezahlte soziale Reproduktionsarbeit von Frauen in Privathaushalten ins Ver- hältnis zu bezahlter (Pflege-)Arbeit im Kontext der letzten Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 in Spanien und der jetzigen Covid-19-Pandemie in Österreich. Dadurch werden zwei Aspekte deutlich: Erstens, welche gravierenden Konsequenzen die Einsparungen im öffentlichen Sektor seit 2010 und neue EU-Vorgaben seitdem für die Sozial- und Gesundheitssysteme haben (Spanien); zweitens, dass besonders in Krisenzeiten einer globalen Pandemie die Mehr- fachbelastungen von Frauen in Privathaushalten in der sozialen Reproduktion deutlich zutage treten (Österreich).
Schlagworte: soziale Reproduktion, Pflege, unbezahlte Arbeit, Covid-19, Finanz- und Wirtschaftskrise, Mehrfachbelastungen von Frauen