MomentumQuarterly

/ 4. April 2018

Momentum Quarterly ist eine vierteljährlich erscheinende, referierte Zeitschrift, die sich Fragen des sozialen Fortschritts auf interdisziplinärer Basis widmet. Untenstehend finden Sie die aktuelle Ausgabe von Momentum Quarterly. Alle hier vorgestellten Artikel werden Open-Access, d.h. frei zugänglich im Internet, veröffentlicht. Weitere Informationen zu diesem Projekt finden Sie unter www.momentum-quarterly.org. Wir freuen uns stets über neu eingereichte Beiträge und Kommentare zu bestehenden Beiträgen. Sie erreichen uns unter editors@momentum-quarterly.org.

 

Organisatorische Komplexität in sozialen Bewegungen: Das Beispiel globaler Dschihadismus

Andreas Streiter

Abstract:

Dieser Artikel illustriert die organisationstheoretisch relevanten Aspekte der von Gilles Deleuze und Félix Guattari entworfenen Rhizom-Metapher anhand des Fallbeispiels globaler Dschihadismus. Dabei werden zwei Ziele verfolgt: Erstens soll das Potenzial der Metapher aufgezeigt werden, zu einem besseren Verständnis dynamischer Organisationsmodalitäten beizutragen, die durch die Linse traditioneller Theorien betrachtet schwer zugänglich sind. Zweitens soll zu einem umfassenderen Verständnis des Phänomens globaler Dschihadismus beigetragen werden. Mithilfe der Rhizom-Metapher wird deutlich, dass der globale Dschihadismus nicht entweder hierarchisch oder netzwerkartig organisiert ist, sondern dass er eine organisatorische Vielheit darstellt, die hierarchische und netzwerkartige Dimensionen in sich ständig verändernden Ausprägungen umfasst.

Schlagworte: Organisation; Rhizom; Dschihadismus; al-Qaeda; IS

 

Zwischen Teilhabe und Marktanteilen: Entwurf einer Landkarte für die „Sharing Economy“

Michael Heiling, Simon Schumich

Abstract:

Unter dem Dachbegriff „Sharing Economy“, der als Hoffnungsträger für mehr soziale Verantwortung und Ressourcenschonung verwendet wird, entsteht auch eine zunehmende Kommerzialisierung privater Lebensbereiche sowie eine Landschaft äußerst diverser Online-Plattformen. Begriffichkeiten wie „Pseudo-Sharing“ und „Share- Washing“ werden für die profitorientierte Ausprägung dieses Phänomens diskutiert. Jedenfalls ist augenscheinlich, dass viele Plattformen kein „echtes Sharing“ betreiben, also Ressourcen nicht ohne monetäre Gegenleistung zur Verfügung gestellt werden. In diesem Beitrag möchten wir der Frage nach der strukturellen Beschaffenheit von Organisationen nachgehen, die in Österreich im Bereich der sogenannten „Sharing Economy“ zu verorten sind. Die Resultate zeigen hinsichtlich der Eigentümerstruktur als auch der monetären bzw. nicht-monetären Abwicklung ein diverses Bild. Im Bereich der Dienstleistungsplattformen, auf denen im Wesentlichen menschliche Arbeit verteilt wird, ist jedoch eine Tendenz hin zur entgeltlichen Abwicklung und auch zur profitorientierten Organisation der PlattformbetreiberInnen zu erkennen. Diesem Bereich sollte besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Schlagworte: Sharing Economy; Digitalisierung; Plattformökonomie

 

‚Feminisierung‘ der Politik. Soziale Bewegungen gegen Austeritätspolitik in Spanien als Katalysator der politischen Partizipation von Frauen

Nicolai Huke, Stefanie Wöhl

Abstract:

Der Artikel analysiert Geschlechterverhältnisse in sozialen Bewegungen und neueren linken Parteien in Spanien infolge der Bewegung 15-M. Während explizit feministische Positionen und Identitäten teils nur zögerlich aufgegriffen wurden, so die These, waren die Organisationsformen der sozialen Bewegungen von „unbewussten“ Feminismen durchdrungen. Eine Politik der ersten Person, inklusive und interaktive Versammlungen sowie Infrastrukturen des Füreinander-Sorge Tragens ermöglichten es, individuelle Bedürfnisse in kollektive Forderungen zu verwandeln. Alltägliche Krisenerfahrungen wurden dadurch politisiert und die Grenzen zwischen Öffentlichkeit und Privatheit verschoben. Dies führte zu einer vermehrten Partizipation von Frauen an sozialen Bewegungen, ein Effekt, der in neu entstandenen linken Parteien wie Podemos und Wahlplattformen, wenn auch zu einem geringeren Grad, andauerte.

Schlagworte: Gender; Demokratie; Verletzlichkeit; soziale Bewegungen; linke Parteien; Spanien

 

Soziale Innovation zwischen Emanzipation und Anpassung

Markus Pausch

Abstract:

Der Begriff „Innovation“ wurde lange vor seiner technologisch-ökonomischen Definition als auf die Zukunft gerichtetes soziales und emanzipatorisches Unterfangen verstanden, das in enger Verbindung zu den Werten der Aufklärung und der Entwicklung der modernen Demokratie steht. Im 20. Jahrhundert wurde er jedoch umdefiniert, vorrangig wirtschaftlich interpretiert und von der Ökonomie besetzt. Erst seit einigen Jahren hat sich eine neue Debatte über die soziale Dimension von Innovation unter dem Schlagwort „Soziale Innovation“ entwickelt, im Rahmen derer verschiedene Definitionen vorgeschlagen wurden. Die Begriffsverwendung ist nichtsdestotrotz eher diffus geblieben und konzentriert sich auf Top-Down-Prozesse. Im vorliegenden Artikel sollen alternative Interpretationen beschrieben und diskutiert werden. Mit Hilfe einer Kategorisierung werden vier verschiedene Typen von Sozialer Innovation vorgeschlagen, die für zukünftige praktische Ansätze einen Rahmen bieten können.

Schlagworte: Soziale Innovation; Emanzipation; Demokratie