MomentumQuarterly

/ 2. Juli 2019

Momentum Quarterly ist eine vierteljährlich erscheinende, begutachtete („peer review“)  Zeitschrift, die sich Fragen des sozialen Fortschritts auf interdisziplinärer Basis widmet. Untenstehend finden Sie die aktuelle Ausgabe von Momentum Quarterly. Alle hier vorgestellten Artikel werden Open-Access, d.h. frei zugänglich im Internet, veröffentlicht. Weitere Informationen finden Sie unter www.momentum-quarterly.org. Wir freuen uns stets über neu eingereichte Beiträge (siehe dazu die Richtlinien für Beitragseinreichung) und über Kommentare zu bestehenden Beiträgen. Sie erreichen uns unter editors@momentum-quarterly.org.

 

„Globales Prekariat“? Ungleiche und kombinierte Informalisierung als sozialwissenschaftliche und politische Herausforderung

Bert Bach, Karola Blaha

Abstract:

Bach/Blaha versuchen in ihrem Beitrag eine globale Einordnung von prekären Arbeitsverhältnissen in konzeptueller und empirischer Hinsicht. Ausgangspunkt ist die seit den 1990er-Jahren intensiver geführte Prekarisierungsdebatte, die sich auf institutionelle Kontexte des globalen Nordens bezieht. Mit Verweis auf die schon länger zurückreichende und auf breitere, vielfältigere Phänomene im globalen Süden fokussierende Diskussion zu informeller Beschäftigung und Informalisierung präferieren die AutorInnen den Begriff der Informalisierung als übergeordneten, global verwendbaren bzw. weniger kontextabhängigen Begriff, um Phänomene der Unsicherheit und Verwundbarkeit sowie Verbindungen zwischen formalen und informellen Beschäftigungssegmenten etwa im Rahmen transnationaler Wertschöpfungsketten zu fassen. Vor dem Hintergrund einer sehr eingeschränkten Datenlage unternimmt der Beitrag den Versuch einer Quantifizierung verschiedener Beschäftigungsformen im globalen Rahmen, um sich einer globalen Klassenstruktur anzunähern. Der zweite Teil des Beitrags schließt an diese empirischen Befunde an und geht der Frage nach, welche Herausforderungen für die Organisation und Artikulation von Interessen von informell Beschäftigten sowie von subaltern Arbeitenden generell damit verbunden sind. Mit Bezugnahme auf Machtressourcenansätze werden Überlegungen zu Möglichkeiten und Barrieren der Organisierung angestellt.

Schlagworte: Prekarisierung; prekär; Prekariat; Informalisierung; informelle Beschäftigung; Klassenstruktur; global; Organisierung; Gewerkschaften; Machtressourcen

 

“Ausgelagert und unsichtbar: Arbeitsbedingungen in der Reinigungsbranche

Karin Sardadvar

Abstract:

Der Beitrag beschäftigt sich damit, in welcher Weise Reinigungsarbeit – als ein typischer Bereich sogenannter „Einfacharbeit“ – in den vergangenen Jahrzehnten von Auslagerungen betroffen war und wie sie davon geprägt wurde. Er stellt aktuelle Branchencharakteristika und Beschäftigungsbedingungen zur Reinigungsbranche in Österreich im internationalen Kontext dar und argumentiert, dass die mit der Auslagerung verbundenen Veränderungen der Reinigungsarbeit problematische Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen verstärken. So tragen insbesondere die verbreiteten Arbeitszeiten an den Tagesrändern zu einer Unsichtbarmachung der Arbeit bei, die einer mangelnden Anerkennung weiter Vorschub leistet. Die Tendenz zur gesellschaftlichen Unsichtbarmachung spiegelt sich daneben auch in der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen (Nicht-)Zuwendung zu „Einfachdienstleistungen“ und der Reinigung im Speziellen wider. Der Beitrag geht weiters auf die Rolle des Wohlfahrtsstaates in der Gestaltung der Arbeits- und Lebensbedingungen von in „Einfachdienstleistungen“ Beschäftigten ein. Abschließend weist er auf Ansatzpunkte für Verbesserungen auf unterschiedlichen Ebenen hin.

Schlagworte: Reinigungsbranche; Dienstleistungssektor; Auslagerungen; Arbeitszeiten; Fragmentierung der Arbeit

 

Körperdaten – Datenkörper. Auf den Spuren mehrdeutiger Reisen von Datenkörpern zwischen Empowerment und sozialer Kontrolle im Gesundheitsbereich

Astrid Mager, Katja Mayer

Abstract:

Gesundheits-Apps und Tracking-Geräte zum Messen, Speichern und Verarbeiten von Körperdaten sind weltweit im Vormarsch. In unserem Artikel verwenden wir verschiedene Ansätze aus Wissenschafts- und Technikforschung (STS), Surveillance Studies und Medizin-Soziologie um diese globalen Trends der Körperdatenerfassung in gesundheitsbezogenen Kontexten erfassen und theoretisieren zu können. Wir stellen das post-digitale Konzept des „data body“ als Schnittpunkt von Online- und Offline-Welten, individuellen und kollektiven Dimensionen, privaten und öffentlichen Aspekten vor, wobei wir besonderes Augenmerk auf die Verschränkung des physischen Körpers mit seinen Datendimensionen legen. Der data body soll so in seinen Ausprägungen zwischen Empowerment und sozialer Kontrolle besser wahrnehmbar werden. Abschließend diskutieren wir, wie data bodies im Hinblick auf Eigentumsrechte, Pflege und Kontrolle sowohl von Individuen als auch Gemeinschaften in Zukunft gehandhabt werden können.

Schlagworte: Quantified Self; digitale Gesundheit; Datenpolitik; Überwachungsmedizin; PatientInnen-Selbstermächtigung

 

Dynamiken der 'Sharing Economy' zwischen Commons und Kommodifizierung

Leonhard Dobusch

Abstract:

Vor dem Hintergrund akademischer Debatten über Wohl und Weh der sogenannten „Sharing Economy“ führt dieser Essay die Unterscheidung zwischen allmende-basierten und markt-basierten Formen von Sharing Economy ein. Mit Hilfe einer von Polanyi inspirierten Perspektive auf diese beiden Typen von Sharing Economy lassen sich in der Folge nicht nur gegenläufige Entwickungslinien zwischen Allmende und Kommodifizierung in Abhängigkeit der jeweiligen Plattform-Governance identifizieren. Darüber hinaus lenkt so eine Betrachtungsweise auch die Aufmerksamkeit auf Externalitäten, die üblicherweise mit der Ausdehnung von Marktlogiken in neue, zuvor nicht-marktliche Bereiche verbunden sind.

Schlagworte: Sharing Economy; allmende-basierte Produktionsweise; Externalitäten